Huch, schon um 04:30 Uhr reisst mich der Wecker aus dem Schlaf, damit ich rechtzeitig von Vechigen nach Bern komme, wo uns Martin um 6 Uhr mit einem Mietbus beim Bahnhof Bern abholt. Ausnahmsweise reisen wir mal nicht mit ÖV an, weil die Fahrt nach Gsteig eine Ewigkeit dauert und wir sonst nicht genügend früh starten können für diese lange Tour (1'600 Hm, Aufstieg 5:30 h gemäss SAC Tourenportal).
Als wir an den Skigebieten Rinderberg, Saanenmöser und Gstaad vorbeifahren und nur einige Kunstschneebänder sichbar sind, frage ich mich schon, ob wir heute noch Schnee finden werden. Wir parkieren beim Skilift Heiti in Gsteig und auch dort sieht es nicht wirklich nach Winter aus. Der Skilift ist wohl schon eine Weile nicht mehr in Betrieb. Wir montieren von Beginn weg die Harscheisen und steigen auf einer vereisten Piste bis zur Bergstation des Skilifts auf. Dort ist schon mal Schluss mit Schnee und wir müssen die Skis auf einem kurzen Trampelpfad durch den Wald tragen, bis wir auf der Lätzi Weid wieder Schnee finden.
Weiter geht es über pickelharten Schnee aufwärts in Richtung Mittaghore und dann mit einer Linkskurve zum Fuss des Topfelcouloirs. Kurz vor dem Couloir werden wir von drei sehr sportlichen Frauen überholt, welche wohl für die Patrouille des Glaciers trainieren. Ich bin jedenfalls froh, dass unsere Gruppe etwas gemütlicher unterwegs ist. Im Couloir liegt wenig Schnee und es sieht stellenweise vereist aus. Darum steigen mit Steigeisen und Pickel auf, was eine gute Entscheidung ist.
Nach dem Couloir geht es wieder auf den Skis durch einen lichten Wald. Es hart dort genug Schnee und der Aufstieg bereitet uns keine Probleme. Es geht links um den Ausläufer des Mittaghore, wo wir an die Sonne kommen und den ersten Blick in den abgeschieden Talkessel erhaschen. Eine wunderschöne Landschaft bei Traumwetter, besser kann es fast nicht sein. In der Nähe von Punkt 2228 machen wir die erste längere Pause und sehen von dort die ganzen Hänge des Verlornenbergs unterhalb des Gstellihore. Was für ein tolles Skigelände, da muss ich unbedingt nochmals hin bei frischen Pulverschnee!
Von dort geht es über sanfte Hänge in Richtung Gstellihore und erst im letzten Hang vor dem Gipfel wird es nochmals steiler. In diesem Schlusshang spüre ich die knapp 1'600 Höhenmeter in den Beinen, aber der Gipfel ist zum Glück nicht mehr weit. Dort geniessen wir die tolle Aussicht auf die Walliser Berge, nur das etwas höhere Sanetschhore versperrt einen Teil der Aussicht.
Im oberen Teil hat es wenige Zentimeter Neuschnee auf der harten Unterlage, aber genau diese machen die Abfahrt zu einem Traum, da kaum alte Spuren vorhanden sind. Wir geniessen die Kurven in dem schönen Gelände und sind leider viel zu schnell im unteren Teil, wo der Schnee wieder deutlich härter wird. Durch den Wald ist er aber immer noch schön griffig und so kommen wir gut zum Einstieg des Couloirs, durch welches wir wieder mit Steigeisen und Pickel absteigen. Danach rüttelt und schüttelt es zünftig auf dem pickelharten verfahrenen Schnee und nach dem kurzen Fussmarsch durch den Wald sliden wir über die vereiste Piste zum Parkplatz.
Im schönen Restaurant Bären in Gsteig gönnen wir uns einen feinen Kuchen und ein Bier für die ausgetrocknete Kehle. Ich habe nur einen Liter Tee mitgenommen, was angesichts der langen Tour etwas knapp bemessen war. Auch das Bäre-Kafi ist zum empfehlen ;-)
Alles in allem eine lange, abwechslungsreiche und traumhaft schöne Tour bei Kaiserwetter mit einer coolen Truppe und einem kompetenten Tourenleiter. Total waren wir fast 7 Stunden unterwegs.